Schiffsmodelle- in Museen finden wir sie, im Eingangsbereich des Peenewerft-Bürogebäudes, in Hotels und Gaststätten, in der Bastelstube von Max Meier, in Wohnzimmern alter Kapitäns- und Seemannsfamilien, bei Sammlern und Liebhabern maritimer Kunstgegenstände- solchen, die sich auskennen auf hoher See gleichermaßen wie jenen, die vielleicht nur gern einmal träumen von Weite und Meer. Oft finden wir aber auch Schiffsmodelle in Kirchen, dort, wo sie mehr sind als Modelle, unabhängig von Detailtreue und Größe, Schönheit und materiellem Wert, dort, wo sie nicht Schiffsmodell sondern Votivschiff sind. Die Bedeutung einer Votivgabe geht zurück auf ihren kultischen Ursprung in der frühgeschichtlichen Götterverehrung. Im Christentum sind Votiv- und Weihegeschenke in Form von kostbaren Gegenständen aus Silber und Gold, auf Holz oder Gewebe gemalten Bildern ebenso wie Schiffsmodelle bis in das 5. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Seeleute, Fischer oder Kaufleute haben diese nach gelungener Reise oder überstandenen Schiffskatastrophen, Zurückgebliebene zur Erinnerung an ihre auf See ums Leben gekommenen Angehörigen als Opfergaben an die Kirchen gespendet. Das älteste und weltbekannte Votivschif, die "Katalonische Nao", ist 550 Jahre alt. Einem Heiligen geweiht, befand es sich bis ca. 1920 in der Kapelle San Simon von Mataro an der katalonischen Küste und ist heute eines der historisch wertvollsten Kunstgegenstände des Prins-Hendrik-Museums in Rotterdam. An den Küsten seefahrender Länder, teilweise bis tief ins Binnenland hinein, gehören Votivschiffe aus verschiedenen Jahrhunderten zum besonders gehüteten Kirchenbesitz. In der Wolgaster St. Petri-Kirche gibt es von ursprünglich 4 derzeit noch 3 dieser besonderen Schiffsmodelle:
1. Das Vollschiff "Leopold"
Es ist eine Nachbildung des ehemals zur Homeyerschen Reederei gehörigen gleichnamigen Schiffes, das 1854-1864 von Kapitän Zelk gefahren wurde und später mitsamt seinem Kapitän Fischer spurlos verschollen ist. Dieses Schiff wurde mehrmals im Modell nachgebaut. Nachdem die "Leopold" (1) zum Ende des 2. Weltkrieges verloren gegangen war, stellte 1952 das noch heute vorhandene Modell "Leopold" (2) als Schenkung der Wolgaster Kapitänsfamilie Langhans an die St. Petri Kirche den Ersatz der ursprünglichen Votivgabe dar. Das Modell ist mit 20 cm Rumpflänge zwar sehr klein, auf Grund seiner detailgetreuen und sorgfältigen Anfertigung zugleich aber auch besonders schön und wertvoll.
2. Der Schoner "Minna"
Es stellt die Imitation des gleichnamigen, 1867/68 auf der Schelleschen Werft in Wolgast erbauten und beheimateten Schiffes, dessen Eigner und Kapitän Leopold Riebe war, dar. Offensichtlich wurde dieses Schiff aber auch von einem oder mehreren anderen Kapitänen gefahren, denn im Jahre 1872 war es Hermann Haase, der von einer Fahrt nach Pillau-Stockholm nicht heimgekehrt ist. Leopold Riebe verstarb 1893 in Valparaiso. Das ebenso wie die "Leopold" (1) verloren gegangene Votivschiff wurde durch Herrn Pastor Dallmann, bekannt auch als Autor von Romanen wie "Das Kahnweib", "Dornenzeit" und vielen anderen, nachgebaut.
3. Die Bark "Camilla von Wolgast"
Es ist das einzige Wolgaster Votivschiff, das im Original erhalten ist. Es entstand nach dem Vorbild der 1886 auf der Werft von C. Doot in Greifswald erbauten gleichnamigen Bark.
Dieses Schiff wurde 1898 an den Rostocker Schiffshändler und Reeder Paul Grampp, von dort 1899 weiter nach Ekkerö in Finnland verkauft. Dass es inzwischen möglicherweise komplett, zumindest aber zeitweise seinen Heimathafen in Wolgast hatte, geht aus dem Ortszusatz im Namen hervor.
1998 wurde das mit den Jahren stark beschädigte Votivschiff aufwändig und in liebevoller Kleinarbeit durch Frau Maria Lindow repariert. Frau Lindow war Mitglied des Fördervereins St. Petri Wolgast e.V.